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Transnationalisierung: Demokratie und Öffentlichkeit

Ulrich Bielefeld:
Europäische Vergesellschaftung und demokratische Beteiligung
Die Europäische Union entstand nicht als Antwort auf Probleme sozialer Teilhabe und politischer Teilnahme, sondern war der Versuch gesellschaftliche, politische und ökonomische Strukturen zu schaffen, um Gewalt unwahrscheinlicher zu machen. Es ist dabei schließlich eine Gesellschaft entstanden, deren Selbstthematisierung nicht mit ihrer tatsächlichen Entwicklung einherging. Der Begriff der Demokratie, wie er etwa der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Lissabon-Vertrag zu Grunde liegt, bezieht sich auf nationale Gesellschaft. Kann es aber eine Demokratie ohne Volk geben? Wie ist das Verhältnis von Einheit und Mehrheit? Wie kann eine Selbstthematisierung der politischen Gesellschaft Europas aussehen?

PD Dr. Ulrich Bielefeld, Soziologe; Leiter des Arbeitsbereichs „Nation und Gesellschaft“ des Hamburger Instituts für Sozialforschung
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Edgar Grande
Transformation der Demokratie im Zeitalter der Globalisierung
Der Zusammenhang zwischen Globalisierung und Demokratie stand in den vergangenen Jahren im Zentrum der sozialwissenschaftlichen Diskussion. Dabei wurde insbesondere gefragt, ob und auf welche Weise sich neue Formen des Regierens jenseits des Nationalstaats demokratisch legitimieren lassen. In dieser Diskussion wurde übersehen – so die Ausgangsthese des Beitrags –, dass sich gleichzeitig die inneren Funktionsbedingungen der Demokratie grundlegend gewandelt haben – und noch weiter ändern werden. Die Frage ist dann, welche Folgen dies für die Möglichkeit einer demokratischen Politik sowohl innerhalb als auch jenseits des Nationalstaats hat?

Prof. Dr. Edgar Grande, Politologe; Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaft, Ludwig-Maximilians-Universität München
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Klaus Günther
Globaler Rechtspluralismus und demokratische Legitimität
Im demokratischen Rechts- und Verfassungsstaat ist die Geltung des Rechts abhängig von seiner Legitimation durch rechtlich regulierte Verfahren der demokratischen Meinungs- und Willensbildung, die ihrerseits in eine zivilgesellschaftliche Öffentlichkeit mit kommunikativen Grundrechten eingebettet sind. Eine stillschweigend vorausgesetzte Prämisse dieses Konzepts legitimen Rechts ist eine auf das Territorium eines Nationalstaats beschränkte Rechtsgeltung. Diese Prämisse ändert sich nicht nur durch Prozesse der Transnationalisierung, welche die Nationalstaaten in internationale Organisationen und Regulierungsnetzwerke mit Rückwirkungen auf die jeweils nationale Gesetzgebung integriert. Vielmehr treten zunehmend auch einflussreiche und mächtige nicht-staatliche Akteure auf, die selbst regelsetzend tätig werden und sich damit einer rechtsstaatlichen Legitimation in öffentlichen politischen Prozessen entziehen.

Prof. Dr. Klaus Günther, Jurist; Professor für Rechtstheorie, Strafrecht und Strafprozeßrecht am Institut für Kriminalwissenschaften und Rechtsphilosophie der Johann Wolfgang Goethe-Universität
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Moderation: Claudia Honegger
Prof. Dr. Claudia Honegger, Soziologin; bis 2009 Professorin für Allgemeine Soziologie an der Universität Bern
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